Von Patienten für Patienten
"Warum die onkologische Rehabilitation so wichtig für Körper und Seele ist"
Mag. Andrea Heidrich schildert im Blog-Beitrag "Warum die onkologische Rehabilitation so wichtig für Körper und Seele ist" und teilt ihre persönlichen Erfahrungen über den Aufenthalt im Lebens.Med Zentrum Bad Erlach.
"Während meiner sechsmonatigen Chemotherapie war Reha nur ein Wort für mich. Allenfalls eine Station in weiter Ferne, die ich irgendwann einmal besuchen werde. An den Tagen wo es möglich war, habe ich während der Chemo gearbeitet und versucht, ein möglichst normales Leben zu führen. Normal im Sinne von vor der Krebsdiagnose. Ich habe meinen Körper durchgepeitscht und meine Psyche zum Funktionieren gezwungen. Als Chemo 8 zum Super-Gau wurde, plötzlich alle Nebenwirkungen voll da waren, haben beide ihren Dienst versagt. Jedes Telefonat, jedes E-Mail wurde zur Qual. Und zum ersten Mal habe ich darüber nachgedacht, dass Ruhe, Achtsamkeit für mich selbst und Veränderungen meines bisherigen Lebens vielleicht angebracht wären. Und plötzlich kam mir auch in den Sinn und über die Lippen: 'Ich glaube, ich brauch die Reha wirklich.'
Ich ließ den Tag des Therapiebeginns ohne Erwartungen auf mich zukommen – und ich freute mich darauf! Doch nach den ersten Minuten des sehr herzlichen Empfangs in Bad Erlach überkam mich die Unsicherheit und auch die Verzweiflung: Hier haben alle Krebs! Alle werden jammern! Ich bin drei Wochen alleine!
Ich hatte mich einfach gekonnt in den letzten Wochen und Monaten der Ablenkung hingegeben. Die Chemo war zwar zwei Monate vorbei, doch Erschöpfung, Kraftlosigkeit, Gleichgewichtsverlust, massive Polyneuropathie und auch Angst vor beruflichen Projekten machten mir schwer zu schaffen. Und jetzt musste ich mich damit auseinandersetzen. Aus dem 'musste' wurde schnell ein 'durfte'. Meine Tischnachbarn im Speisesaal waren großartige und herrliche Gesprächspartner. Über alles wurde geredet und vor allem gelacht – am wenigsten dabei über unsere Erkrankungen. Und wenn man doch einmal eine schwere Stunde hatte und drohte, ins Loch zu kippen, wurde man im stillen Einvernehmen und gegenseitigen Verständnis und Wissen aufgefangen.
Auch das Erstgespräch mit dem leitenden Primar war ein weiterer Meilenstein. Er hat mir mit viel Einfühlungsvermögen und einer Prise Humor sehr authentisch Mut für die kommenden Wochen und darüber hinaus gemacht. Krebspatienten leisten ähnlich viel wie Spitzensportler, nur haben sie es sich nicht ausgesucht und dass wir nicht mehr die gleichen Menschen sind wie vor Diagnose und Chemo darf und soll so sein – um nur einige seiner Worte wiederzugeben. Ich wurde auch nach meinen Zielen für meinen Reha-Aufenthalt gefragt: Ruhe, Zeit für mich selbst, Behandlung der Polyneuropathie und Kraft durch Sport. Danach wurde mein Therapieplan erstellt. Ein Potpourri an sportlicher Betätigung wie Krafttraining, Nordic Walking, Ergometer, Gymnastik, Koordinationstraining, Entspannungstechniken, Massagen, Ergotherapie, Vorträgen zu den Themen Stress, Schlaf, Ernährung usw. sowie psychologischer Beratung.
Ich durfte aus dem Vollen schöpfen und habe dies mit großer Begeisterung getan. Vor allem die Einzeltherapien wurden so individuell gestaltet, dass jeder Patient die für sich richtige Behandlung erfahren darf. Ich wurde wirklich ganzheitlich betreut und habe mich rundum wohlgefühlt. Nicht zuletzt aufgrund der hervorragenden Küche!
Meine körperliche Kraft hat sich in den drei Wochen massiv verbessert, ebenso mein Gleichgewichtssinn. Auch die psychologische Beratung hat mir neue Gedankenansätze ermöglicht und lässt mich optimistisch in die Zukunft blicken. Wer glaubt, dass man nach drei Wochen Reha wieder 'die Alte' ist, der irrt gewaltig. Eine Krebsdiagnose, Chemo- und Strahlentherapie, die vielfachen Nebenwirkungen und das bewusste Leben mit einer mitunter tödlichen Gefahr im Körper verändern einen Menschen. Auch ich bin nicht mehr jene, die ich vor der Diagnose war. Die onkologische Reha hilft aber beim Verarbeiten dieser Eindrücke, sie kann stärken und unterstützen, sowohl Körper als auch Geist und Seele. Ich durfte lernen, dass Ausdauersport und Krafttraining sehr belebend sein können und auch, dass Perfektionismus und Funktionieren im Leben einen anderen Stellenwert haben sollten. Ich habe hier wunderbare Menschen kennengelernt, sowohl im Team des Lebens.Med Zentrums als auch unter den Patienten. Herzlichkeit, Einfühlungsvermögen und Zuversicht werden in Bad Erlach groß geschrieben – und plötzlich wird das Wort Reha zu einem freudvollen Meilenstein in meiner Lebensgeschichte!"