Medizin, Therapie

Weltkrebstag - reden wir darüber!

Im Interview - Prim. Dr. Stefan Vogt

Herr Primar Vogt, Sie setzen sich dafür ein, dass allen Krebspatient:innen in Österreich der Zugang zu einer onkologischen Rehabilitation regelhaft ermöglicht werden soll, warum?

Prim. Vogt: Eines der zentralen Ziele der onkologischen Rehabilitation ist, Krebspatient:innen beim Wiedereinstieg in den privaten und beruflichen Alltag zu unterstützen. Die aktuellen Daten aus dem Krebsreport zeigen, dass viele Betroffene gerade dabei vor große Herausforderungen gestellt sind. Leider ist das Bewusstsein für eine gezielte Rehabilitation bei Krebspatient:innen in der Rehabilitationslandschaft und der medizinischen Community noch nicht so gegeben wie in anderen Fachbereichen wie z .B. der Orthopädie. Viele Patient:innen erfahren von der Möglichkeit einer Reha nicht von ihrem:ihrer betreuenden Mediziner:in, sondern über Mitpatient:innen, Angehörige oder Bekannte. Daher ist es für mich so wichtig – und ich nutze den Weltkrebstag sehr gerne als Anlass dafür – über die onkologische Reha zu informieren und  mich auch dafür einzusetzen, dass  onkologischen Patient:innen künftig ein regelhafter Zugang zu einer gezielten Rehabilitation ermöglicht wird.

Was sind die Schwerpunkte einer onkologischen Rehabilitation?

Prim. Vogt: Die drei tragenden Säulen sind die medizinische Bewegungstherapie, die psychoonkologische Betreuung sowie die Beratung und Information in Form von Vorträgen, Seminaren und Schulungen. Da Betroffene ganz unterschiedlich und individuell auf die Herausforderungen einer Krebserkrankung reagieren, erstellt im Lebens.Med Zentrum Bad Erlach ein Team aus Medizin, Pflege und Therapie für jede:n Patient:in ein auf die jeweiligen Bedürfnisse abgestimmtes Therapieprogramm. Dieses setzt sich aus medizinischer Trainingstherapie, Physiotherapie, Klinischer- und Gesundheitspsychologie, Diätologie, Ergotherapie und Sozialarbeit zusammen. Ziel ist dabei immer, die Lebensqualität zu verbessern und körperliche sowie psychische Stärke aufzubauen. Wichtig ist auch, dass wir gemeinsam mit  den Patient:innen Strategien entwickeln, wie das Erlernte bzw. Trainierte im Alltag langfristig weitergeführt werden kann, denn  Betroffene können durch das Fördern von körperlicher Fitness, gesunder Ernährung und mentaler Gesundheit selbst viel dazu beitragen, das Risiko für das erneute Auftreten der Erkrankung zu reduzieren.

Der aktuelle Krebsreport verweist darauf, dass immer mehr Menschen noch während einer bestehenden Berufstätigkeit an Krebs erkranken, wie kann die onkologische Reha hier unterstützen?

Prim. Vogt: Durch die Therapien im Rahmen des dreiwöchigen Aufenthaltes sollen nicht nur Behandlungserfolge langfristig gesichert werden, sondern vor alle die Teilhabe am Berufs- und Sozialleben wieder ermöglicht werden. Erwerbsfähigen Patient:innen soll es mittelfristig wieder möglich sein, aktiv am Berufsleben teilzunehmen. Ein Beispiel: Ein Patient litt nach der Chemotherapie an Empfindungsstörungen in den Händen, wodurch auch die Feinmotorik beeinträchtigt war. Nach der Rehabilitation u.a. mit Ergotherapie, medizinischer Trainingstherapie und Massagen war es ihm nicht nur wieder möglich, seinem Hobby, dem Arbeiten mit Holz, nachzugehen, sondern er ist auch wieder als Schulwart in seinem Beruf tätig. Aber nicht nur die körperliche, sondern auch die psychische und soziale Dimensionen finden im Rahmen der onkologischen Reha Beachtung: Unsere Therapeuten beraten u.a. hinsichtlich Stress- sowie Schlafmanagement und es können Entspannungstechniken erlernt werden. Darüber hinaus gibt es durch die Sozialarbeit Beratungsangebote z.B. in Bezug auf Wiedereingliederungsteilzeit, Behindertenpass etc.

Kann jede:r Krebspatient:in eine Reha absolvieren?

Prim. Vogt: Grundsätzlich können Patient:innen mit sämtlichen onkologischen Erkrankungen eine Reha beantragen. Man sollte soweit mobil sein, dass man die Wege im Zentrum selbständig zurücklegen kann und auch psychisch entsprechend stabil sein, um von den Therapien optimal profitieren zu können. Bei Bedarf kann man eine onkologische Rehabilitation auch mit einer Begleitperson absolvieren. Den Reha-Antrag stellt man gemeinsam mit dem:der betreuende:n Facharzt:Fachärztin oder den Hausarzt:Hausärztin. Die Bewilligung erfolgt durch den Sozialversicherungsträger. Was viele vielleicht nicht wissen, eine onkologische Rehabilitation kann – medizinisch begründet – durchaus auch mehrmals  beantragt werden.

Abschließend zusammengefasst, warum ist es so wichtig, die onkologische Reha als fixen Bestandteil eines modernen onkologischen Gesamtbetreuungskonzeptes noch stärker zu etablieren?

Prim. Vogt: Man kann die onkologische Rehabilitation als „Brücke“ zwischen der Primärbehandlung im Krankenhaus und der längerfristigen Phase der Nachsorge beschreiben. Sie unterstützt die Betroffenen mit individuellen Therapien, Strategien und Informationen dabei, sich bestmöglich auf das Leben nach bzw. mit einer Krebserkrankung vorzubereiten. Krebspatient:innen sind durch die Erkrankung mit einer Vielzahl an Herausforderungen konfrontiert und die onkologische Reha kann in vielen Bereichen unterstützen.

Danke für das Gespräch!

Hier finden Sie weiterführende Informationen:

Verwendete Quellen: Österreichischer Krebsreport 2024

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